Samstag, 17. März 2012

Hunger [Steve McQueen | IE,GB 2008]


Dreckig, entsetzlich, abstoßend, widerlich: Nein, mit diesen Worten versuche ich nicht die Qualität des Films zu beschreiben, sondern lediglich die Atmosphäre, in die Steve McQueen uns hier versetzt. Mit allerhand Schmutz, Exkrementen, langen, ungewaschenen Haaren und insgesamt purer körperlicher Verwahrlosung wird uns hier ein schockierendes Bild des Unabhängigkeitskampfes der IRA gezeigt, mit einem ungeheuren Sog, dem man sich trotz der abscheulichen Bilder einfach nicht entziehen kann. Realistisches Kino in seiner ausgeprägtesten Form, bei deren sichtbares Bemühen um Glaubwürdigkeit McQueen zeitweise durchaus zu aufdringlich erscheint. Während ein 17 minütiges, ungeschnittenes Gespräch zwischen dem Protagonisten Bobby Sands (Michael Fassbender) und einem Priester durch hervorragende Dialoge und ein lebhaftes Schauspiel zu keinem Zeitpunkt langatmig wirkt und einen unvergesslichen Eindruck macht, ist das minutenlange Bodensäubern eines Wärters in darauffolgender Szene ein eher überflüssiges Mittel, um zwanghaft Authentizität zu wahren. Vollkommen wertungsfrei, unvoreingenommen und kaum heroisch legt der Film den Fokus auf den schmerzlich anzusehenden Hungerstreik und lässt den Zuschauer in der Grausamkeit zurück, die jegliches Urteil zum Sinn des Unabhängigkeitskampfes vorerst vollkommen erstickt.
Hunger ist kein Lehrbuch, kein Heldenmaterial, keine Unterhaltung. Stattdessen Reality TV für Hartgesottene, Kino zum Schaudern. Ein guter Film und ein überdurchschnittliches Regiedebut.

6,5/10

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