Dienstag, 15. Mai 2012

Perfect Sense [David Mackenzie | GB 2011]


In Zeiten wie diesen, in denen Geld, Ansehen und Macht wohl das wichtigste Lebensziel des Menschen darstellt, ist nur noch selten Platz für wahre Gefühle. Wer läuft heutzutage noch über weite Wiesen und Felder, atmet den frischen Duft von Gras ein und ergötzt sich an der strahlenden Sonne, die das Herz mit Wärme durchströmt? Wer erwischt sich an Weihnachten nicht dabei, den Wunsch nach Geschenken dem familiären Miteinander vorzuziehen, da man der Tanten, Cousinen, Geschwister, Großeltern und Kinder langsam überdrüssig wird? Der Mensch entwickelt sich zum Roboter und verlernt die Nutzung seiner Sinne. David Mackenzies apokalyptisches Drama Perfect Sense hat es jedoch eiliger und lässt die Sinneswahrnehmung der Menschen  auf der ganzen Welt binnen wenigen Tagen verschwinden. Doch schon nach der ersten halben Stunde fällt einem auf, dass der Film keinesfalls etwas mit all den üblichen Katastrophenfilmen zu tun hat, denn die Ursache der Katastrophe spielt hier ebenso wenig eine Rolle wie die hoffnungslosen Versuche diesen seltsamen Ereignissen Einhalt zu gebieten. Statt medialen Wahnsinn wird der Fokus auf ein frisch verliebtes Paar geworfen, die in ihrem Leben kaum Gefühle zuließen und jetzt, wo es fast schon zu spät ist, versuchen ihre Sinne noch einmal auszukosten, ein letztes Mal zu fühlen wie die Lippen des Anderen schmecken, wie ein Lächeln aussieht oder wie schön sich ein liebkosendes Flüstern anhört. Kitschig? Keinesfalls, denn die schönen Momente werden immer wieder von hässlichen Szenen unterbrochen, in denen der Mensch seine Grenzen psychischer Belastung kennen lernt und stellenweise dem Irrsinn verfällt. Denn abgesehen von wenigen dramaturgischen Unfeinheiten, wirkt Perfect Sense erschreckend realistisch, was man spätestens merkt, wenn man sich selbst dabei erwischt, während des Films sein Geruchsorgan zu überprüfen. Zwar hätte Mackenzie seinen Stoff weitaus vielschichtiger gestalten und sein Werk auf die doppelte Laufzeit ausweiten können, aber nach solch einem bewegenden und perfekten Ende, unterlegt von einem großartigen Score, fällt es einem schwer noch irgendetwas zu bemängeln. Und so sitzt man am Ende ergriffen da, lauscht den liebevollen Tönen des Abspanns und ist mehr als dankbar dafür, dass man noch fähig ist, diese Musik zu hören, die Credits zu sehen, den letzten Tropfen Cola zu schmecken, aber vor allem die Wirkung einer herzergreifenden Geschichte zu fühlen. 

7,5/10

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