Donnerstag, 17. Mai 2012

Shame [Steve McQueen | GB 2011]

Michael Fassbender

Nach seinem vielversprechenden Erstlingswerk Hunger bestätigt Steve McQueen die hohen Erwartungen anspruchsvoller Zuschauer und inszeniert mit Shame eine feinfühlige Charakterstudie, erneut angereichert mit zarten Bildkompositionen inmitten roher, menschlicher Triebe. Die Hauptfigur, grandios von Michael Fassbender verkörpert, ist ein Mensch, der nicht fähig ist Bindungen einzugehen und stattdessen durch ständigen Sex einen Ausgleich sucht, den er jedoch nicht findet und daran zu zerbrechen droht. Dabei handelt der Film weniger von Sexsucht an sich als viel mehr vom Davonlaufen vor Erklärungen, vor Verantwortung und den eigenen Emotionen, denen letztendlich keiner entkommen kann. So ist es auch mit Shame, der uns zuerst die Geschichte nüchtern und sachlich schildert, bevor seine kühle Hülle, völlig frei von jeglichen Gefühlen, immer weiter bröckelt und schließlich in intensivster Wärme mündet, wie man sie so in den letzten Jahren selten erlebt hat. McQueens Vorliebe für Plansequenzen ist nirgendwo besser aufgehoben als hier. Zusammen mit einem der besten Soundtracks des Jahres verschmelzen sie durch ihre Länge zu einer perfekten Symbiose und bieten, sei es ein Fassbender beim Jocken oder die Gesangseinlage von Mulligan, Szenen, die sich für immer ins Gedächtnis brennen. Schade nur, dass der Film gegen Ende zu zwanghaft einem Höhepunkt entgegen strebt, die vorher exzellent zelebrierte Natürlichkeit ein wenig vermissen lässt und um den so berühmten, kleinen erhobenen Zeigefinger nicht herumkommt. Nichtsdestotrotz ein sehr starker Film, der mir einfach nicht aus dem Kopf will. Arthaus in seiner elegantesten und zugleich dreckigsten Form.

7,5/10

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